Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tiermast Podiumsdiskussion mit Experten

Von links nach rechts: Dr. Rupert Ebner, Martin Eikenberg, Dr. Claudia Preuß-Ueberschär, Uwe Behrens, Christiane Hussels  Foto: Sabine Littkemann
Von links nach rechts: Dr. Rupert Ebner, Martin Eikenberg, Dr. Claudia Preuß-Ueberschär, Uwe Behrens, Christiane Hussels Foto: Sabine Littkemann

Wedemark, den 29.10.2019

 

 

 

Pressemitteilung

 

 

 Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tiermast

 

Podiumsdiskussion mit Experten

 

 

Contra Industriehuhn Wedemark hatte am 25.10.2019 zur Podiumsdiskussion ins Bürgerhaus Bissendorf eingeladen. Thema des Abends: „Antibiotikaeinsatz in der industriellen Tiermast - Resistenzbildung und Folgen für Gesundheit und Umwelt“.

 

 

 Als Podiumsgäste eingeladen waren Martin Eickenberg, Direktor des Institutes für allgemeine Hygiene, Krankenhaushygiene und Umwelthygiene am Klinikum Bremen Mitte, Dr. Rupert Ebner, 30 Jahre Tierarzt im Bereich landwirtschaftlich genutzte Tiere, heute Referent für Gesundheit, Klimaschutz und Umwelt der Stadt Ingolstadt, und Uwe Behrens, Vertreter des Vereins Mensch Tier Umwelt (MUT) und Experte für Filteranlagen und Bioaerosole.

 

 Eickenberg machte deutlich, dass die Zahl der mit antibiotikaresistenten Keimen infizierten Patienten stetig zunehme. Die Infektion ende schlimmstenfalls mit dem Tod. Der Krankenhaushygieniker geht davon aus, dass etwa die Hälfte der resistenten Keime aus der Nutztierhaltung kommt. Besonders kritisch bewertet er den Einsatz des in der Hühnermast häufig eingesetzten Reserveantibiotikums Colistin, denn dieses brauche man dringend in der Humanmedizin, wenn andere Antibiotika nicht mehr wirkten.

 

 Rupert Ebner berichtete, dass Medikamenteneinsatz in Tierbeständen in der Geflügelmast, über Futter- und Tränkesysteme erfolge und dadurch Antibiotika nicht zielgenau eingesetzt werden könnten. Bei Erkrankung einzelner Tiere oder kleiner Gruppen von Tieren werde in der Regel der ganze Bestand behandelt. Das könnten je nach Stall schnell mal 40.000 Tiere sein. Überdies gelange ein Teil des mit Medikamenten angereicherten Wassers über die sog. Nippeltränken in die Einstreu und damit direkt in die Umwelt. Ebner betonte ausdrücklich, dass jeder Einsatz von Antibiotika und ein Eintrag in die Umwelt das Problem der Resistenzbildung verstärke. Die Angabe der eingesetzten Antibiotika in Tonnen gäbe ein verzerrtes Bild ab, da die sogenannten Reserveantibiotika in viel geringerer Dosierung ebenso wirksam seien wie die alten Antibiotika. Ein Zuhörer warf ein, dass nach den fremden Autokennzeichen zu urteilen, offensichtlich auch Tierärzte von weit her bzw. aus den nahen Ausland (Niederlande) zum Einsatz kämen. Dazu erklärte Ebner, dass die Tiere häufig von hochspezialisierten Tierärzten behandelt würden, die auch überregional tätig seien. Tierärzten sei es per Gesetz erlaubt, Medikamente herzustellen und an Tierhalter abzugeben. Damit wird ein nicht unerheblicher Teil des Einkommens, insbesondere in der Geflügel- und Großtiermedizin, generiert. Dieses sogenannte Dispensierecht stellte Ebner nicht grundsätzlich in Frage. Dringend verboten werden müsste jedoch die Rabattierung von Antibiotika. Eine Kontrolle der Abgabe könne relativ einfach über die sogenannten Abgabebelege, die jeder Tierarzt ausstellen müsse, erfolgen.

 

Uwe Behrens erläuterte zum Themenbereich Filter/Bioaerosole, dass bei der Hühnermast der Anfall von Staub sehr groß sei und die Filter deswegen sehr wartungsintensiv seien. Es sei außerdem fraglich, ob die kontrollierende Behörde engmaschige Kontrollen über den Ausfall einer Filteranlage durchführe. Bei hohen Außentemperaturen müsse ohnehin eine Notlüftung aktiviert werden, d.h. die Luft gelange dann ungefiltert nach außen. Solche Tage gebe es durch die Klimaveränderung schon jetzt häufiger als früher, ihre Zahl werde deutlich steigen. Zur Frage, wie die multiresistenten Keime aus der Nutztierhaltung auf Menschen übertragen werden, erklärte Behrens, dass es verschiedenste Wege gebe. Eine Übertragung könne beispielsweise über den ausgebrachten Hühnermist sowie die Abluft aus den Ställen erfolgen.

 

Auf die Frage von Uschi Helmers, BI Wietze, ob beim LKW-Transport der Hühner zum Schlachthof eine Gefahr durch Emissionen aus den gut belüfteten LKW für die Anwohner ausginge, antwortete Behrens, dass es dazu keine belastbaren Untersuchungen gebe, es sei aber durchaus denkbar. Eickenberg gab zu bedenken, dass die dazu nötigen Untersuchungen sehr teuer und aufwendig seien und beantragte Gelder für solche Untersuchungen meist nicht bewilligt würden.

 

 Im Anschluss an die Podiumsdiskussion berichtete Christiane Hussels, 2. Vorsitzende des Vereins Contra Industriehuhn Wedemark, dass am 27.11. in einer mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht Hannover über den Eilantrag des NABU gegen den sofortigen Vollzug der Baugenehmigung entschieden werde.

 

 

 

Die zahlreich erschienenen Zuhörer der Podiumsdiskussion im Bürgerhaus stellten Fragen zum Thema "Antibiotika in der Tiermast"
Die zahlreich erschienenen Zuhörer der Podiumsdiskussion im Bürgerhaus stellten Fragen zum Thema "Antibiotika in der Tiermast"