Tierhaltung und Schlachtindustrie – Menschen und Tiere leiden

 

1.300 infizierte Schlachthofarbeiter in Rheda Wiedenbrück, Corona-Ausbrüche in mehreren deutschen Schlachthöfen – das ist ein dramatischer Anlass, über die Produktion von Fleisch in Deutschland nachzudenken. Wie ergeht es den Menschen, die dort für wenig Geld arbeiten müssen, und wie geht es den Tieren, deren Leben dort beendet wird? Was läuft falsch bei der Produktion von Fleisch in Deutschland?

 

Bei der Beschäftigung in den Schlachthöfen liegt das Problem im System. Die meisten Menschen, die die harte körperliche und psychisch belastende Arbeit des Schlachtens und Zerteilens machen, haben keine feste Anstellung, sondern einen Werkvertrag mit einem Subunternehmer. Es sind ganz überwiegend Osteuropäer, die kein oder kaum Deutsch sprechen und ihrem ebenfalls osteuropäischen Subunternehmer ausgeliefert sind. Lange Schichten und unbezahlte Überstunden sind an der Tagesordnung. Wohnungen (oft abbruchreif) und andere „Leistungen“ werden ihnen zu horrenden Preisen gleich vom Lohn abgezogen.

An den Arbeitsplätzen bei Tönnies in Rheda Wiedenbrück wird mit einem Umluftsystem eine Temperatur zwischen 6 und 10 Grad gehalten, ohne dass sie gefiltert würde – vermutlich arbeiten andere Schlachthöfe ebenso. Deutschland ist auch im Schlachtbereich Billiglohnland; es werden Löhne im Mindestlohnbereich gezahlt, um die 9 Euro pro Stunde, in Dänemark sind 25 Euro üblich. Da kann man natürlich bei billigem Fleisch an der Theke nicht mithalten. Ein Beispiel: Die Firma Danish Crown hat vor einigen Jahren ihren dänischen Schlachthof schließen müssen und einen neuen in Deutschland errichtet.

 

Billiglöhner produzieren Billigfleisch – die „Nutz“Tiere leiden dabei nicht weniger als die Menschen. Mit den massenhaften Corona-Infizierten wurde dies einer breiteren Öffentlichkeit durch die Medien nahe gebracht.

 

Die Masthuhn-Haltung, gegen die sich „Contra Industriehuhn Wedemark“ engagiert, stand dabei weniger im Fokus. Deshalb sei hier noch einmal daran erinnert, wie die Existenz der Tiere aussieht: Als wenige-Tage-alte-Küken eingestallt, leben sie zu 40.000 auf Einstreu in den Hallen. Die Einstreu wird während der ganzen Dauer der Mast nicht erneuert, die Tiere picken also ständig in ihren Ausscheidungen herum – Picken gehört zu den Grundbedürfnissen der Hühner. Entzündungen an ihren Fußballen sind an der Tagesordnung. Die Mast ist ganz auf schnelles Wachstum ausgerichtet, der Brustmuskel wächst besonders stark. Das Skelett ist gegen Ende der Mast kaum in der Lage, das Körpergewicht zu tragen. Herz und Kreislauf sind dann nicht selten überlastet. Der Mäster ist verpflichtet, zweimal täglich durch die Halle zu gehen, tote Tiere aufzusammeln und kranke zu „merzen“, d.h. zu töten. Hat man den Eindruck, dass einige Tiere etwa kränkeln, werden alle 40.000 über das Tränkewasser mit Antibiotika behandelt.

Die gefürchteten, aus der Tierhaltung stammenden Antibiotika-Resistenzen haben u.a. hier ihren Ursprung.

Am Ende eines Durchgangs dürfen verordnungsgemäß bis zu 39 Kilo Huhn auf einem Quadratmeter sein – man rechnet nicht in Stückzahlen, sondern in Kilo. Das Tier als Individuum existiert nicht, es dient ausschließlich als Rohstofflieferant. Am Ende eines Mastdurchganges kommt ein „Fängertrupp“, der innerhalb von zwei Stunden alle Hühner einsammelt und in Transportkisten steckt. Eine Statistik über die dabei vorkommenden Knochenbrüche gibt es nicht, aber es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie mit den Tieren umgegangen wird und welche Schäden sie dadurch davontragen.

 

Viele Menschen wollen dieses Fleisch nicht mehr. Die Produzenten wollen aber nicht, dass man es an der Theke als solches erkennen kann. Frau Klöckner und ihre Vorgänger haben die beklagenswerten Haltungsformen für die Tiere zu verantworten und sie haben eine deutliche Kennzeichnung für die Verbraucher verhindert.