Was ist eigentlich Ethik und was hat das mit Tierhaltung zu tun?

Ethik( griech. Ethos à Charakter, Sinnesart) wurde von Aristoteles (385 bis 323 vor Chr.), einem der bekanntesten Denker der antiken Welt, als philosophische Disziplin eingeführt. Es ist quasi die wissenschaftliche /theoretische Betrachtung darüber, was eine Gesellschaft mehrheitlich als moralisch ansieht. Ethik hat immer auch für das Individuum eine konkrete Entscheidungsfrage zur Folge.

Obwohl man sich in allen Epochen und Jahrhunderten mit dem Mensch/Tierverhältnis auseinandergesetzt hat, wurde erst in neuerer Zeit, in den 70- iger Jahren des vorigen Jahrhunderts, Bioethik bzw. Tierethik als Teildisziplin in der Philosophie integriert. Im Rahmen der Tierethik werden alle moralischen Fragen, die sich aus dem Umgang mit Tieren ergeben, gestellt und es wird versucht, diese zu beantworten. Im Vordergrund steht dabei immer die Frage nach der Legitimität der Nutzung von Tieren für menschliche Interessen.

Nun können an dieser Stelle nicht alle moralphilosophischen Denkansätze zum Mensch /Tierverhältnis dargestellt werden. Klar ist aber, dass sich im Laufe der Zeit, nicht zuletzt durch wissenschaftliche Erkenntnisse über die kognitiven wie empathischen Fähigkeiten der Tiere, unsere moralischen Vorstellungen wie man mit Tieren umzugehen hat, verändert haben. Deshalb wurde auch 2002 der Schutz der Tiere als Staatszielbestimmung ins Grundgesetz (§ 20aGG) aufgenommen. Damit ist der Schutz der Tiere als Aufgabe für Politik und alle Bürger*Innen definiert und Verpflichtung. Trotzdem schützt der Staat die Tiere, insbesondere die Tiere in der Landwirtschaft, nicht. Ökonomische Interessen stehen bei der Abwägung gleicher Rechtsansprüche fast immer im Vordergrund.

Immer wieder kommen Institutionen wie Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die derzeitige Tierhaltung in Deutschland gesellschaftlich nicht akzeptiert ist und den ethischen Normen nicht mehr entspricht. Sie bedarf einer grundlegenden Reform.

2011 kommt die EKD( evangelisch lutherische Landeskirche Hannover ) in ihrem Aktenstück 86 zu der Schlussfolgerung, dass eine Ethik der Selbstbeschränkung und der Nachhaltigkeit vonnöten sei.

Vor 5 Jahren äußerste sich Papst Franziskus in der Enzyklika „laudato si“ eindeutig zum Umgang mit der Natur und den Tieren und für die Bewahrung der Schöpfung.

Auch in der 2019 von der EKD neu heraus gegebenen Stellungnahme zur Nutztierhaltung, wird ein achtsamer Umgang mit Tieren gefordert. Es wird angemahnt, die Maßlosigkeit und die Verschwendung von Lebensmitteln tierischer Herkunft einzudämmen und insgesamt den “Verbrauch“ tierischer Produkte zu reduzieren.

Für Tierschützer- und Tierrechtler, aber natürlich auch für Tierhalter und tierhaltende Landwirte ist die gerade herausgegebene Stellungnahme des Deutschen Ethikrates von Bedeutung und wird Auswirkung auf die landwirtschaftliche Tierhaltung haben. Zum ersten Mal hat der Ethikrat die Tierhaltung unter die Lupe genommen, äußert sich am 16.06. 2020 eindeutig pro Tier und gibt klare Empfehlungen.

Danach wird Tieren ein Eigenwert über den ökonomischen Wert hinaus zugebilligt - ein grundsätzliches Umsteuern in der Nutztierhaltung ist notwendig. Die Umsetzung wird schnellstmöglich eingefordert. Überlange Übergangsfristen und Fristverlängerungen sind laut Ethikrat nicht zulässig. Das Recht der Tiere auf Leidfreiheit und ein gutes Leben setzt demnach den Nutzungsinteressen des Menschen klare Grenzen. Diese Grenzen würden aber in der derzeitigen Tierhaltung ständig überschritten.

Prof. Steffen Augsberg (deutscher Rechtswissenschaftler für öffentliches Recht) Mitglied der Arbeitsgruppe Tierhaltung des Deutschen Ethikrates stellt fest: „Ich kenne kein einziges Rechtsgebiet, in dem so heuchlerisch vorgegangen wird wie im Tierschutzrecht.“

Es reicht nicht, für notwendige Veränderungen allein an den Konsumenten zu appellieren. Politik hat geradezu die Verpflichtung einen Strukturwandel hin zu einer ethisch vertretbaren Nutztierhaltung in Gang zu setzen und alle Betroffenen einzubinden.

Nach der Definition von Ethik bleibt aber für uns alle täglich die Entscheidungsfrage bestehen. Sowohl als Tierhalter, als Konsument an der Ladenkasse, als Politiker können wir dem nicht entgehen, wollen wir uns denn ethisch korrekt verhalten.

Jeder ist an seinem Platz verantwortlich und muss für sich die Frage im Kant`schen Sinne beantworten....“wie ist hier richtig zu handeln“?