Presseartikel der NP vom 28.11.19 zum Termin vor dem Verwaltungsgericht

Diesen Artikel aus der Neuen Presse vom 28.11.19 veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Autors Thomas Nagel. Zum Vergrößern bitte Anklicken.
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Hier noch einmal der Artikel in reiner Textform:

 

Klage gegen Hähnchenmast

Nabu geht gegen zwei neue Ställe in Elze (Wedemark) vor. Genehmigung der Region unzulässig?

VON THOMAS NAGEL

 

HANNOVER. Maria Groß verteilt im Hühnerkostüm Flugblätter vor dem Verwaltungsgericht Hannover. Mit rund 50 Bürgern demonstriert sie am Mittwoch gegen eine Hähnchen-Mastanlage in Elze (Wedemark). Maria Groß ist ein relativ „altes Huhn“. Im Gegensatz zu den Küken in der industrialisierten Tiermast, sagt Claudia Preuß-Überschär von der Bürgerinitiative Contra Industriehuhn Wedemark (CIW). Sie spricht von „Tierbabys“.

Anlass für den Protest ist eine Klage des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) gegen die Region Hannover. Es geht um die Erweiterung einer Mastanlage etwa 500 Meter vom Ortsrand entfernt. Ein Landwirt will seine Produktion von 78.000 auf 164.000 Tiere erweitern. Die Region hat den Bau von zwei weiteren Ställen genehmigt und den „sofortigen Vollzug“ angeordnet.

Nach fast sechs Verhandlungen meint Verwaltungsrichter Andreas Kleine-Tebbe: „Gibt es noch etwas zu erörtern?“ Dieser Verhandlungsmarathon, in denen diverse Gutachten und Gegengutachten besprochen wurden, ging an die Substanz. Die Luft in dem Gerichtssaal ist zum Schneiden. Mit Sicherheit hätte es dafür keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung gegeben.

Und genau darum ging es in der Verhandlung. Sind alle Auflagen hinsichtlich Boden-, Wasser- und Luftschutz eingehalten worden?

Wie sieht es mit der Produktion von multiresistenten Keimen aus, die wegen des Antibiotika-Einsatzes in der Massentierhaltung entstehen? Am Abend teilte Gerichtssprecherin Nassim Eslami mit: „Die Kammer hat sich vertagt.“ Am 19. Dezember werde es eine Entscheidung geben.

Hintergrund: Erst in der Verhandlung hatte der Anwalt des Landwirts Pachtverträge vorgelegt. Eine Voraussetzung für die Genehmigung der neuen Ställe ist, dass der Bauer mehr als die Hälfte des Tierfutters aus eigenem Anbau produziert. Dafür sind mindestens 300 Hektar nötig. Der Nabu hat Zweifel, ob der Landwirt über so viel Grundstücke verfügt. In der Verhandlung sei eine Überprüfung der Unterlagen nicht möglich, so Nabu-Anwalt Peter Kremer.

Für die Bürgerinitiative ist die Sache klar. „Von der Anlage geht Stickstoff in die Luft und Nitrat in den Boden“, sagt Christiane Hussels von der CIW. Viele Bürger fürchteten auch den zunehmenden Lkw-Verkehr, falls die Anlage mehr als doppelt so groß werde. Die Erweiterung des Betriebes bedeute, dass jährlich 1,2 Millionen Küken gemästet und geschlachtet werden.

Miriam Staudte, Grünen- Landtagsabgeordnete, sprach auch vor den Demonstranten. Sie bezeichnete die Massentierhaltung als unzeitgemäß angesichts des Klimawandels. „Bei den Treckerdemos streiten die Landwirte für mehr Wertschätzung, solche Mastanlagen tragen nicht zur Wertschätzung bei.“

Der Anwalt des Landwirts, Helmar Hentschke, meinte nach der Verhandlung: „Wir

haben alle Auflagen eingehalten.“ Das sieht auch die Region als zuständige Behörde so. Regionssprecher Klaus Abelmann: „Wir haben in Barsinghausen noch eine große Anlage. Ansonsten gibt es nicht viele solcher Hühner-Mastanlagen in der Region.“